Ökumenisch und hospizlich unterwegs unter dem Kreuzberg

09/09/2017

Gerne würde Herr Klein (Name geändert) noch mit seiner Lebensgefährtin zusammen wohnen und leben. Durch Zufall wurde bei ihm nach einem Unfall eine Frontalhirn-Demenz festgestellt. Nach dem Unfall und der Diagnose hat sich sein Leben radikal verändert. Er musste sich sehr rasch auf viele Veränderungen einstellen. Seine Wohnung und sein Berufsleben musste er im Alter von 55 Jahren aufgeben. Nun lebt er seit gut zwei Jahren in einem Seniorenheim hier bei uns vor Ort und wird dort versorgt. Seine Erkrankung belastet ihn sehr. Er ist traurig und nimmt kaum an den Gemeinschaftsangeboten des Hauses teil.

Die Familie von Herrn Klein nahm bereits vor einiger Zeit mit uns Kontakt auf. Mit dem Einverständnis von Herrn Klein kommt Herr Bauer (Name geändert), der unseren Befähigungskurs für ehrenamtliche Sterbebegleiterinnen und Sterbebegleiter absolviert hat, ihn seitdem regelmäßig besuchen. Gemeinsam wurde zuvor geplant, welche Unterstützung sich Herr Klein durch diese Begleitung wünscht. Abgesprochen wurde, dass sie gemeinsam wöchentlich einen Spaziergang machen oder ein bis zwei Stunden gemeinsam gestalten. Obwohl Herr Bauer und Herr Klein bedingt durch Demenz oftmals „andere Wege der Kommunikation“ beschreiten müssen, gelingt es Herrn Klein immer wieder, durch Mimik und Körpersprache seine Gefühle seinem Begleiter gegenüber zu äußern. So können die beiden mittlerweile gemeinsam die Stammkneipe von Herrn Klein besuchen und die von ihm sehr vermisste Tasse Kaffee dort gemeinsam genießen. In so einer Situation, die früher für Herrn Klein zum Alltag gehörte, kommen schöne Erinnerungen hoch.

Herr Klein und seine Angehörigen sind Herrn Bauer sehr dankbar. Sie sind froh, dass Herr Klein einmal wöchentlich früher geliebte Gewohnheiten und für ihn wichtige Rituale in der Begleitung wieder neu erleben kann. In den Momenten, in denen Herrn Klein sich klar artikulieren kann, bringt er zugleich immer wieder seine Traurigkeit zur Sprache – über verlorene Fähigkeiten und die Abhängigkeit, die er in allen Lebensbereichen so deutlich spürt.

Damit Herr Bauer und seine ehrenamtlichen KollegInnen die Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen leisten können, werden sie von der Hospizinitiative unterstützt. In regelmäßigen Praxisbegleitungsbesprechungen und Supervisionssitzungen werden sie fachlich begleitet. Sie können sich austauschen und ihre Erfahrungen miteinander teilen. Außerdem bringen sich Ehrenamtliche in verschiedenen Fragen außerhalb der konkreten Begleitung ein, um für die Gestaltung von Rahmenbedingungen, Kooperationen etc. Sorge zu tragen.

Die Hospizinitiative wird sowohl von der Evangelischen Trinitatiskirchengemeinde als auch der Katholischen Pfarrgemeinde Sankt Maria Magdalena und Christi Auferstehung tatkräftig unterstützt. Zahlreiche private Spenden, „Rat und Tat“, die Trinitatisstiftung für Diakonie sowie die Erlöse der Benefizkonzerte im vergangenen Jahr haben zudem bereits Vieles möglich gemacht. Um unsere Arbeit noch kontinuierlicher gestalten zu können, haben wir das Ziel, einen Ambulanten Ökumenischen Hospizdienst aufzubauen. Wir wollen damit die Voraussetzungen schaffen, unseren derzeitigen Anfragen für Begleitungen und Kooperationen gerechter zu werden und letztlich mehr Menschen in unserem Umfeld begleiten zu können. Umso erfreulicher hierfür ist es, dass wir dazu kürzlich die Zusage der „Aktion Weihnachtslicht“ des Generalanzeigers über eine Anschubfinanzierung in Höhe von 20.000 € erhalten haben. Für diese Perspektive sind wir sehr dankbar.

Herzlichen Dank sagen wir Ihnen allen für die große Akzeptanz der Arbeit der ökumenischen Hospizinitiative in unseren Gemeinden unter dem Kreuzberg. Sie gibt uns die Motivation, dieses Projekt gemeinsam weiter zu entwickeln und zu leben.

Wilson Schaeffer und das Team der Ökumenischen Hospizinitiative